Rückenschmerzen durch Stress

Ein Mann fasst sich an den Nacken - er hat Rückenschmerzen durch Stress.

Wie erkenne ich psychosomatische Rückenschmerzen?

Logo ISM - Institut für Stressmedizin Rhein Ruhr

„14 bis 15 Stunden pro Tag am Schreibtisch zu sitzen, verursacht natürlich auch mal Rückenschmerzen. Aber das ist nur eine Phase. Dieses Projekt muss noch erledigt werden und wenn der Stress vorbei ist, komme ich auch wieder zum Sport.“ Dirk ist 48, Führungskraft einer IT-Abteilung und spielt mit Nina Reichwein vom Institut für Stressmedizin Rhein Ruhr (ISM) in einer Badminton-Mannschaft. In diesem Beitrag erklärt dir die Sportwissenschaftlerin vom ISM, wie Stress sich auf die Psyche auswirken und psychosomatische Rückenschmerzen verursachen kann.

Erste Anzeichen ernst nehmen.

Ein Mann beim Sport hat Rückenschmerzen durch Stress bei der Arbeit.

Es ist nicht das erste Mal, dass Dirk über Schmerzen und Verspannungen in beruflichen Belastungsphasen klagt. Die mahnenden Worte unserer Trainingsgruppe kennt er gut: „Pass auf, dass die Phase nicht zu lang andauert und nimm deine körperlichen Symptome ernst. Sonst können daraus chronische Schmerzen werden.“ Seine Rechtfertigungen und Ausreden sind der Gruppe bestens bekannt:

„Es ist einfach zu viel Arbeit, um zum Sport zu kommen.“
„Das muss noch fertig werden.“
„Die Projekte fressen mich auf.“
„Die Anfrage der Geschäftsführung kann nicht warten.

Das alles klingt, als würden seine Beschwerden nichts mit ihm zu tun haben und als könnte er an der dauernden Belastung nichts ändern. Dirk weiß über die Folgen von Stress und das Thema Work-Life-Balance Bescheid. Er beauftragt das ISM regelmäßig für die Arbeit mit seinen Mitarbeitenden. Für ihn selbst gilt dieses Wissen aber scheinbar nicht.

Ende 2021 war Dirk noch ein letztes Mal beim Training. Bereits beim Weg in die Kabine lief er unrund und hat uns erzählt, dass er sich kürzlich verhoben hat und unter Verspannungen leidet: „Die Ursache ist mir klar. Meine Muskeln sind vom Sitzen verkürzt, aber heute wärme ich mich mal konzentriert auf und gucke, wie weit ich komme. Vielleicht schaffe ich es ja, so wie früher beim Fußball, den Schmerz rauszulaufen.“ Bereits beim Aufwärmen musste Dirk das Training abbrechen. Seine Muskeln am unteren Rücken hatten „zugemacht“.

So wie Dirk geht es zahlreichen Menschen in Deutschland – in unserer Sprechstunde erfährst du mehr über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bei Rückenschmerzen.

Unser Körper nimmt sich, was er braucht.

Anfang des Sommers habe ich Dirk in seiner Firma wieder getroffen. Wir haben dort mit dem ISM eine Maßnahme zum Thema Funktionalität am Arbeitsplatz durchgeführt. Er selber hatte Wichtigeres zu tun als sich um sein körperliches Wohlergehen und seine Rückenschmerzen zu kümmern. Trotzdem konnten wir uns kurz unterhalten. Dirk erzählte mir von seiner Leidensgeschichte nach dem letzten gemeinsamen Training:

„Ich habe noch zwei Wochen unter Schmerzen weitergearbeitet und bin dann erstmals zum Arzt, der mich sofort an einen Orthopäden überwiesen hat. Dann gabs Spritzen und Massagen. Es wurde auch besser mit dem Rücken und ich konnte schnell wieder arbeiten. Leider wurden aber aus dem einen Zusatzprojekt, das mich letztes Jahr vom Training abgehalten hat, immer mehr Projekte. Ende Februar hat mein Rücken also komplett dicht gemacht. Was für unfassbare Schmerzen.“

Dirk hat jetzt keine Chance mehr, zu arbeiten. Für nahezu ein halbes Jahr musste er wegen anhaltender Rückenschmerzen immer wieder pausieren. Sein dreiwöchiger Urlaub brachte Besserung. Wie so häufig bei stressbedingten Rückenschmerzen, wenn die Arbeitsbelastung nachlässt. Nach dem Urlaub wurden die Schmerzen wieder mehr und eine Magnetresonanztomografie (MRT) seines Rückens sorgte für Klarheit. Diagnose: Bandscheibenvorfall.

Ab unters Messer? Was kommt nach Massagen, Spritzen und MRT?

Ein Mann hat Rückenschmerzen durch Stress und sitzt auf dem Bett

Als Dirk eine minimalinvasive Operation (OP) seiner Bandscheiben als Behandlungsoption vorgeschlagen wird, bekommt er Angst. „Nee, vor der OP habe ich keine Angst. Der erneute Arbeitsausfall stresst mich. Was sollen die Kollegen denken, wenn ich jetzt schon wieder raus bin?!“ Er ist immer noch weit davon entfernt, seine Rückenschmerzen mit seiner Psyche in Verbindung zu bringen. Erstmals bittet er mich jedoch um Rat.

Ich empfehle ihm den Gang zum Osteopathen. Wenige Wochen nach unserem Gespräch meldet sich Dirk erneut bei mir. Er hat inzwischen drei Behandlungen hinter sich und einige Blockaden sind gelöst. Der Osteopath hat ihn vermehrt auf das Thema Stress angesprochen und gemutmaßt, dass seine Rückenschmerzen durch psychischen Stress ausgelöst werden. „Nina, im Grunde hat der mir genau das gesagt, was du mir schon seit langem durch die Blume predigst. Was würdest du mir jetzt empfehlen?“ Ich lade Dirk in die Stressambulanz des ISM ein. Hier erhält er im Rahmen unserer Stressdiagnostik eine Standortbestimmung und wir können einen Therapieplan entwerfen.

Die eigenen Bedürfnisse und Grenzen kennenlernen.

Die Ergebnisse der Stressambulanz zeigen, dass Dirk nur bedingt in der Lage ist, seine mentale Belastung zu fühlen und zu benennen. Alleine der Gedanke daran, dass seine Rückenschmerzen in Verbindung mit seiner Psyche stehen könnten, fällt ihm schwer. Seine Rückenschmerzen seien vor allem auf das viele Sitzen und mangelnde Bewegung zurückzuführen. Am liebsten würde er eine Pille gegen Rückenschmerzen schlucken und sofort wieder zurück an seinen Schreibtisch. Lediglich die Ängste vor der Ausfallzeit nach einer möglichen OP befähigen ihn, eine neue Perspektive einzunehmen.

Dirk ist so sehr in seinem Stress-Hamsterrad gefangen, dass er seine Bedürfnisse nicht wahrnimmt, sein Verhalten nur selten reflektiert und sein Blick vor allem auf äußere Reize und Symptome gerichtet ist. Ein Blick nach innen auf die Ursachen seiner Rückenschmerzen fällt ihm schwer. Es zeigt sich, dass …

  • für ihn die Erwartungen anderer Menschen wichtiger sind als die eigenen Bedürfnisse.
  • in seinen Augen keiner seine Arbeit so erledigen könnte wie er selbst.
  • er es genießt, unersetzlich zu sein.
  • ihm teilweise der Mut und die Fähigkeit fehlen, sich abzugrenzen.

In seiner Organisation:

  • Mitarbeitende besonders wertgeschätzt werden, die sich aufopfern.
  • zehn Stunden Arbeitszeit am Tag zum guten Ton gehören.
  • psychische Leiden als Wehwehchen abgetan werden.

Weder seine Beschwerden und Schmerzen vor einem Jahr noch seine gravierenden chronischen Rückenschmerzen heute sieht er in Zusammenhang mit seiner Psyche oder Stress.

Verantwortung für das eigene Stresserleben übernehmen.

Ein Mann macht Dehnübungen wegen seiner Rückenschmerzen bei Stress

Gemeinsam mit Dirk haben wir eine Therapie entwickelt. Diese soll ihn mental so fit machen, dass er künftig zum Dirigenten seines Stresserlebens wird. Wir werden ihm dabei helfen, die Ursachen seines Stresses zu entdecken und so ein Bewusstsein für seine Stressoren zu entwickeln. Kennt er erst die Auslöser für Stress, kann er Belastungssituationen besser erkennen. So kann er lernen, sich abzugrenzen, und anfangen, achtsame Selbstfürsorge zu betreiben.

Darüber hinaus wird er lernen, lösungsorientiert an seinem Zeitmanagement zu arbeiten. So bekommt er ein Gefühl für sein tägliches Arbeitspensum, kann es eigenständig reduzieren und sich zum Beispiel Zeit für Sport nehmen. Außerdem wird Dirk Entspannungstechniken, wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobsen und Meditation kennenlernen. So wird es ihm möglich sein, besser in sich hineinzuhören, seine Psyche zu verstehen und körperliche Warnsignale früher wahrzunehmen.

Ganzheitliches Funktionstraining ist Trumpf.

In Dirks Fall lässt sich die mentale Arbeit erfreulicherweise mit der körperlichen Arbeit verbinden. Er versteht Sport als Ressource und erfährt dabei körperliche Selbstwirksamkeit. Er stärkt seinen ganzen Körper, kann abschalten und programmiert sein Schmerzgedächtnis um. Leider ist das nicht immer so. Häufig müssen wir erst mental mit unseren Klienten arbeiten, um überhaupt herauszufinden, ob Sport eine Ressource sein kann. Nicht selten geht mit psychosomatischen Schmerzen auch ein fehlender Bezug zu körperlicher Aktivität einher.
Dirks körperliche Genesung und die Wiederherstellung seiner Grundfunktionalität kurbeln wir durch ganzheitliches Funktionstraining seiner kompletten Muskulatur und die Reaktivierung ganzheitlicher Bewegungsmuster an. Nur ganzheitliches Training, fließende Bewegungen und Spaß und Freude können das Schmerzgedächtnis umprogrammieren. Aus den alternativen Heilmethoden wird Dirk außerdem Akupunktur in Anspruch nehmen und hoffentlich schon bald wieder zum festen Bestandteil unserer Badminton-Mannschaft werden.


Du interessierst dich für Osteopathie und Akupunktur? Auf unserer Website findest du mehr Infos zur Alternativen Medizin.

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